steil3_Maureen FischingerGetty Images_dollartorn Maureen Fischinger/Getty Images

Die wahren Kosten der Entdollarisierung

NEW YORK: Ende des Zweiten Weltkriegs entfiel mehr als die Hälfte der Wirtschaftsleistung und Goldreserven der Welt auf die USA. Großbritannien war praktisch bankrott, und die Überreste des Sterling-Raums wurden durch Kapital- und Handelskontrollen zusammengehalten. Sobald das britische Pfund im Juli 1947 auf Beharren der USA konvertierbar wurde, fiel es dem überwältigenden Verkaufsdruck anheim. Der Dollar, der zu einem Kurs von 35 Dollar an die Feinunze Gold geknüpft war, profitierte von der privilegierten Stellung der USA innerhalb des neu gegründeten Internationalen Währungsfonds und etablierte sich rasch als Grundpfeiler des weltweiten Handels und Finanzwesens.

Inzwischen entfallen auf die USA nur noch 25 % der weltweiten Wirtschaftsleistung, doch der Dollar bleibt an fast 90 % aller Fremdwährungstransaktionen beteiligt. Der Anteil des Greenbacks an den Devisenreserven der Notenbanken freilich ist – trotz seiner zentralen Rolle im grenzüberschreitenden Handel und Kreditgeschäft – von 72 % im Jahr 2000 auf heute 59 % gesunken. Angesichts der jüngsten harschen Kritik an der US-Währungspolitik durch Regierungsvertreter in China, Russland, Brasilien, Saudi-Arabien und anderswo mag es daher aussehen, als ginge die unbestrittene Herrschaft des Dollars zu Ende – mit weitreichenden weltwirtschaftlichen Folgen.

Die größte Gefahr für die Dominanz des Dollars geht dabei nicht von konkurrierenden Alternativen aus, sondern von der US-Regierung selbst. Die jüngste Konfrontation über die Schuldengrenze des Bundes, die weltweite Finanzinstabilität auszulösen drohte, ist ein Musterbeispiel dafür. Die Aussichten auf eine endlose Wiederholung dieses verantwortungslosen parteipolitischen Konflikts veranlassten die Rating-Agentur Fitch Ratings, das Kreditrating des Landes von AAA auf AA+ herabzustufen, was die Zweifel beleuchtet, ob globale Anleger weiterhin auf die uneingeschränkte Bereitschaft der US-Regierung zur Bedienung ihrer Schulden und Zinsverpflichtungen vertrauen können.

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